Zur Geschichte geologischer Sammlungen in Cottbus

Aus Anlass der Gründung einer Gruppe Naturwissenschaften vor 100 Jahren im Verein für Heimatkunde zu Cottbus wurde am 7. November 2007 im Foyer des Informations-, Kommunikations- und Medienzentrums (IKMZ) der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus durch den Hausherren Dr. Andreas DEGKWITZ, den Amtsleiter für Umwelt und Natur der Stadtverwaltung Cottbus Thomas BERGNER, der in herzlichen Worten seine Anerkennung für die Aktivitäten des Naturmuseums zum Ausdruck brachte, und die NVN-Vorsitzende Ursula STRIEGLER eine Sonderausstellung des Naturwissenschaftlichen Vereins der Niederlausitz e.V. (NVN) zum Thema „100 Jahre naturwissenschaftliches Sammeln in Verein und Museum“ eröffnet, die vom Autor als NVN-Mitglied und Noch-Kustos der geologischen Sammlung des Museums der Natur und Umwelt Cottbus in Zusammenarbeit mit den Fachgruppen des Vereins und dem Fachbereich Biologie des Museums und mit Unterstützung des Stadtmuseums erarbeitet wurde.

Da die Cottbuser Kulturverwaltung sich mit dieser naturwissenschaftlichen Tradition kaum identifiziert und die Schließung der Ausstellung der fast 40 Jahre bestehenden Abteilung Naturkunde des Bezirksmuseums Cottbus und des 1996 daraus hervorgegangenen eigenständigen Museums der Natur und Umwelt für Februar 2005 durchgesetzt hat, soll mit diesem Beitrag noch einmal über die Problematik eines Naturkundemuseums in Cottbus informiert werden.

Naturwissenschaftliche Sammeltätigkeit, also das Sammeln von Tieren und Pflanzen sowie Gesteinen, Mineralen und Fossilien als Anschauungsobjekte für naturkundliche Bildung und als Dokumente der Naturausstattung und der Erdgeschichte der Niederlausitz, begann in Cottbus aber nicht erst vor 100 Jahren. Eine der ältesten geologisch-mineralogischen Sammlungen der Niederlausitz, die bis heute erhalten geblieben und auch mit Cottbus verbunden ist, wurde von der Gräfin Auguste Charlotte VON KIELMANNSEGGE (1777 – 1863) zusammengetragen.

Die Gräfin (vgl. ARETZ 1927, WILSDORF 1889), die in Hermsdorf bei Dresden geboren ist, war die Tochter des kurfürstlich sächsischen Hausmarschalls Peter August VON SCHÖNBERG und hat 1796 Herrmann Graf zu LYNAR (1773-1800) in Lübbenau geheiratet, nach dessen plötzlichem Tod sie 1802 in Leipzig Graf Ferdinand Hans Ludolf VON KIELMANNSEGGE geehelicht hat. Als Verehrerin NAPOLEONS I. hat sie geheime Aufträge des französischen Kaisers ausgeführt und für ihn spioniert, was zur Scheidung von ihrem zweiten Ehemann führte, der auf der Gegenseite stand. Nach NAPOLEONS Tod 1821 pflegte sie einen regelrechten NAPOLEON-Kult und lebte zuletzt viele Jahre zurückgezogen im Wasserpalais am Ausgang des Plauenschen Grundes in Dresden.

Die Gräfin war eine hoch gebildete Frau, die alle Neuerscheinungen der Geschichte und Literatur las. Nach dem Vorbild GOETHES sammelte sie Mineralien, Pflanzen, Schmetterlinge, Antiquitäten usw. und pflegte Kontakte und Briefwechsel mit bedeutenden Persönlichkeiten ihrer Zeit, wie Wissenschaftlern, Schriftstellern, Künstlern, Politikern. Vor allem war sie der Familie NAPOLEONS verbunden und reiste auch in ihrem Auftrag. Dabei hatte sie viele Gelegenheiten, auch mineralogisch und geologisch zu sammeln. So besuchte sie Italien, wo sie vor allem vom Vesuv zahlreiche Fundstücke mitbrachte. In Süddeutschland, Frankreich und der Schweiz befinden sich einige Fundpunkte, die sie möglicherweise ebenfalls selbst besucht hat, etwa am St. Gotthardt. Aber auch aus der Oberlausitz stammen etwa 50 Funde. Wann die Gräfin zu sammeln begonnen hat, ist vorerst ungewiss. Sie könnte schon als Kind auf den Gütern ihrer Familie in Schmochtitz, Neusalza-Spremberg oder Dürrhennersdorf mit diesen Eisennieren, Quarzen, Chalcedonen, Feuersteinen mit und ohne Fossilien, verkieselten Hölzern, aber auch Graniten und Jungvulkaniten in Berührung gekommen sein und sich dafür interessiert haben. Auch die Heirat ihres Sohnes Alfred (aus zweiter Ehe) mit der Tochter eines kgl. preußischen Bergrats ZIMMERMANN zu Eisleben könnte die Begeisterung für Mineralogie entfacht haben.

Ihre geologische Sammlung umfasst insgesamt etwa 675 Positionen, davon 195 Gesteine, 400 Minerale und etwa 80 Fossilien. Manche der Mineralien stammen von in der Literatur gut bekannten Fundpunkten, wie etwa Berggießhübel (Magnetit), Altenberg (Pyknit, Wolframit u.a.), Freiberg (Bleiglanz, Rotgültigerz u.a.), Halsbach bei Freiberg (Korallenachat), Zschopau (Grünbleierz), Gnandstein bei Frohburg (Bandjaspis), Zöblitz (Serpentin), Ehrenfriedersdorf (Zinnstein), Schneeberg (ged. Silber und Wismut), Johanngeorgenstadt (Uranglimmer), Schneckenstein (Topas), Graupen = Krupka (Zinnstein), Podseditz = Podsedice in Nordböhmen (Pyrop), Karlsbad = Karlovy Vary (Erbsenstein), Haslau bei Eger = Cheb (Vesuvian), Joachimsthal = Jachymov (Rotgültigerz), Rozena = Rožha in Mähren (Lepidolith), Lüneburg (Boracit), Ostpreußen (Bernstein), Gefrees (Chiastolith) und Göpfersgrün (Speckstein) im Fichtelgebirge, Bevieux bei Bex in der Schweiz (Schwefel), St. Gotthardt (Disthen, Staurolith, Almandin, Turmalin), Fassa-Tal (Stilbit) und Ziller-Tal (Diopsid) in Tirol, Eisenerz ¡n Osterreich (Eisenglanz), Solfatara bei Neapel (Schwefel), Elba (Eisenglanz), Felsöbanya = Baia Sprie in Rumänien (Realgar), Idrija in Slowenien (Zinnober), Chessy bei Lyon (Azurit; Abb. 1), um nur die wichtigsten zu nennen. Die entferntesten Fundorte liegen in Grönland (Bernstein), Nordamerika (Plagioklas, Labrador), Brasilien (Topas), Ostindien (Zirkon) und Sibirien (Rosenquarz). Eine berühmte Fossilienfundstelle, von der die Gräfin zahlreiche Funde hatte, ist der Kressenberg in Bayern, wo alttertiäre Meeresfauna (Eozän) zu finden war.

Nach dem Tod der Gräfin 1863 ist diese Sammlung an ihren Enkel Albert Graf zu LYNAR, den Sohn ihres Sohnes aus erster Ehe Hermann Rochus zu LYNAR in Lübbenau gegangen. In Lübbenau hat sich die Sammlung bis nach dem 2.Weltkrieg befunden. Dann wurde sie 1951 von dem neu entstehenden Heimatmuseum gegen sorbische Trachten ins Museum Lübben vertauscht, wo sich mit Herrn BIALUCHA ein Geologie-interessierter Museumsleiter befand. Nach dessen Tod wurde das Lübbener Museum geschlossen und die äußerst wertvolle Sammlung in einem erbärmlichen Schuppen untergebracht. Dass sie erhalten geblieben und nicht wie die im folgenden besprochenen Sammlungen verschwunden ist, liegt an dem Umstand, dass 1974 Cottbuser Museumsmitarbeiter die Sammlung ans Bezirksmuseum geholt haben, nachdem bereits schöne Stücke der Sammlung verschwunden und die meisten Etiketts durcheinander gebracht waren. In der Folgezeit hat der Autor die Sammlung fachgerecht magaziniert, nach den vorhandenen Etiketts einen Katalog erarbeitet und 200 Stücke (= ca. 30% der Sammlung) zweifelsfrei identifiziert. Als dann in Lübben wieder ein Heimatmuseum entstand, konnte die Sammlung 1998 nach Lübben zurück gegeben werden.

Die älteste bekannte naturwissenschaftliche Sammlung in Cottbus entstand im Cottbuser Friedrich-Wilhelms-Gymnasium am Oberkirchplatz unter der Leitung von Dr. Heinrich BOLZE (Abb. 2), der hier von 1845 bis 1882 Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften war. Unterstützt vom Naturwissenschaftlichen Schulverein grub er an mancher Chausseebaustelle in der Cottbuser Umgebung nach fossilen Pflanzen und anderen Versteinerungen (PETZOLD 2004).

Als am 27. April 1867 das Gymnasium ein neues Gebäude (Abb. 3), das im klassizistischen Stil erbaut war, in der heutigen Puschkinpromenade bezog, siedelte hierher auch die Gymnasiumssammlung um, die 1904 durch eine besonders wertvolle Schenkung bereichert wurde.

Abb. 1: Azurit (Kupferlasur) aus Chessy bei Lyon aus der Sammlung der Gräfin KIELMANNSEGGE (Foto: I. ZACHOW)
Abb. 1: Azurit (Kupferlasur) aus Chessy bei Lyon aus der Sammlung der Gräfin KIELMANNSEGGE (Foto: I. ZACHOW)

Diese Sammlung wurde vor allem von dem allseitig naturwissenschaftlich interessierten Genthiner Apotheker HÜBLER, Sohn des Cottbuser zweiten Bürgermeisters Friedrich Wilhelm HÜBLER und verheiratet mit der Schwester des Cottbuser Kaufmanns LEHMANN-NIES, zusammengetragen. Unterstützt wurde er dabei von seinem jüngeren Bruder Wilhelm Ewald Bernhard HÜBLER, Professor für Kirchenrecht an der Berliner Universität, wie PETZOLD (2004) schildert. Die Sammlung umfasste ein 112-bändiges Herbarium mit Pflanzen aus aller Welt und nach natürlichen Pflanzenfamilien geordnet, eine Kollektion fossiler Pflanzen aus der Steinkohlenzeit, eine 395 Stücke umfassende Conchyliensammlung sowie „eine musterhaft geordnete und beschriebene Stein- und Gesteinssammlung von mehreren Tausend Stücken in drei Schränken …“ (Cottbuser Anzeiger).

Da beide Brüder Schüler des Cottbuser Gymnasiums gewesen waren, übergaben Professor HÜBLER und LEHMANN-NIES die Sammlung nach dem Tod des Apothekers an das Cottbuser Gymnasium, wo sie aber bis 1928 aus Platzgründen nicht angemessen untergebracht werden konnte, erst dann erhielt sie den ihr gebührenden Platz (PETZOLD 2004).

Ein vollständiger Katalog der „mineralogischen Sammlung des Königl. Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums zu Kottbus“ (Abb. 4) wurde von Prof. Eduard WEBER (1906) erarbeitet und als Beilage zum Jahresbericht des Gymnasiums Ostern 1906 in Cottbus veröffentlicht. WEBER weist daraufhin, dass die katalogisierte Sammlung zwar vor allem durch den Apotheker HÜBLER aus Genthin begründet wurde, aber auch Funde und Geschenke von anderen Personen, unter anderem von Herrn BUCHHOLZ aus Bendigo in Australien, einem früheren Schüler der Anstalt, enthält. Nicht aufgenommen in die Neubearbeitung der naturwissenschaftlichen Sammlungen sei die alte Steinsammlung und die HÜBLER’sche Conchyliensammlung. Als Conchylien bezeichnet man die Kalkschalen der Weichtiere (Schnecken, Muscheln, Kopffüßer usw.).

Die katalogisierte Gymnasiumssammlung enthielt allein an Mineralien 668 Positionen von den wichtigsten klassischen Mineralfundpunkten Europas, aber auch aus Kanada, Grönland, den Vereinigten Staaten, Mexiko und Brasilien, aus Südafrika und Madagaskar, vom Ural, aus Sibirien, der Bucharei (damaliges Emirat Buchara in Mittelasien), China, Indien und Ceylon (heute Sri Lanka) sowie aus Australien und Neuseeland. Hinzu kamen etwa 150 Positionen Gesteine und 100 Positionen Fossilien, insgesamt „über tausend belehrende und schöne Schaustücke“ von Mineralen, Gesteinen und Fossilien.

Besonders interessant ist die Erwähnung von Funden aus der Niederlausitz, welche in einem gesonderten Schrank untergebracht waren: „Pflanzenabdrücke in Ton, Versteinerungen aus Mergel- und Kiesgruben, Dreikanter und Proben aus verschiedenen Braunkohlen- und Glassandgruben.“
Detailliert erwähnt sind:

  • „Diorit vom Koschenberg bei Senftenberg, welcher die Grauwacke durchbrochen hat“
  • „Sammlung plastischer Tone mit verschiedenen Blattabdrücken von Groß-Räschen“
  • „Fulgurit oder Blitzröhre, durch Blitz zusammengeschmolzener Sand. In Guhrow am Spreewalde fand ein Bauer unter einem gefällten Baume eine mehrere Meter lange Blitzröhre, von der ein Teil in der Sammlung vorhanden ist; auch stammen einige Stücke der Sammlung aus dem Sandgebiete von Hohenbocka.“ [Für die heutige Museumssammlung konnten bisher noch keine Blitzröhren aufgetrieben werden.]

Ob einige der hier erwähnten Niederlausitzer Funde oder Teile der nicht mehr einbezogenen alten Steinsammlung auf Dr. BOLZE zurück gehen, ist nicht bekannt.

Die mineralogisch-geologische Sammlung des Gymnasiums ist nicht, wie PETZOLD vermutet, durch den Krieg vollständig verloren gegangen. Denn im Jahre 1978 berichtete ein Lehrer von der in diesem Gebäude untergebrachten 6. Polytechnischen Oberschule, dass sich auf dem Schulboden unbeschriftete und unsortierte Mineralien befänden. Bei der Rekonstruktion des Gebäudes 2001/2002 sind aber keine entsprechenden Gegenstände aufgetaucht. Dem Eingeweihten blutet das Herz bei dem Gedanken, dass all diese Kostbarkeiten durch Platzmangel, Unkenntnis, Verantwortungslosigkeit verschollen sind. Leider ist das nicht die einzige Schulsammlung in der Niederlausitz, die nach Erfahrungen des Autors dieses Schicksal erlitten hat.

Eine weitere Cottbuser Schulsammlung ist in den Wirren des 2.Weltkriegs verschollen. Sie war in der damaligen Oberrealschule, Bahnhofstraße 11 (Abb. 5) entstanden. Die Schule, die besonders den Biologie-Unterricht fördern wollte, legte eine wertvolle Lehrsammlung aus biologischen und paläontologischen Exponaten an. Zu diesem Zweck wurde 1913/14 für schätzungsweise 70.000 Goldmark das 2,14 m lange und vorzüglich präparierte Skelett eines Fischsauriers Stenopterygius quadriscissus aus dem Posidonienschiefer des Lias (Unterer Jura, ca. 175 Millionen Jahre alt) von Holzmaden / Baden-Württemberg als Lehrmittel angeschafft.

Gegen Ende des 2. Weltkrieges ist die gesamte Schulsammlung aus Cottbus ausgelagert worden, um die Gefahr der Zerstörung bei möglicher Bombardierung der Stadt Cottbus zu minimieren. Nur der Fischsaurier blieb an der Wand hängen, da es in der Schule keine männlichen Lehrer mehr gab, die das Exponat hätten heben können. Von der Schulsammlung ist nach dem Krieg nichts wieder aufgetaucht, aber der Fischsaurier hing noch an seinem Platz. Irgendwann wurde er in den Kohlenkeller verlagert, wo er später dem Hausmeister im Wege war. Deshalb ist er dem neu entstehenden Bezirksmuseum übergeben worden. Dort wurde er erst von den beiden Geologen, die 1974 eingestellt wurden, als Original erkannt und in die 1977 entstehende Sonderausstellung „600 Millionen Jahre Erdgeschichte“ integriert, wo er von Dr. Fritz POHL, einem pensionierten Lehrer der ehemaligen Oberrealschule, erkannt und identifiziert wurde.

Das organisierte Sammeln von naturkundlichen Exponaten für museale Zwecke begann 1907 mit der Konstituierung einer Gruppe Naturwissenschaften im Verein für Heimatkunde zu Cottbus, der selbst zwei Jahre vorher am 15. Februar 1905 von Lehrern, Fabrikanten, Ärzten, Beamten usw. gegründet worden war – sicher auch mit dem Hintergedanken, später mit Hilfe der gesammelten Informationen und Exponate ein Museum aufzubauen. Mitte 1905 wurde der Verein als Ortsgruppe der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde anerkannt. Viele Vereinsmitglieder waren sowieso schon Mitglied dieser Gesellschaft. Der Gruppe Naturwissenschaften gehörten der Cottbuser Stadtrat Hugo RUFF (Abb. 6), Konrektor Paul KRUSCHE (Abb. 6), Oberstabsarzt Dr. GRÜNING und Postsekretär Fr. GEBERT an. Hugo RUFF (1843 – 1924) hatte sich bereits als Mitglied der auf Vorschlag des Berliner Mediziners Prof. Rudolf VIRCHOW 1884 in Guben gegründeten Niederlausitzer Gesellschaft einen Namen gemacht, indem er sich für die pleistozänen Knochenfunde in den Klinger Tongruben interessierte und diese 1891 an den Berliner Zoologen Prof. Alfred NEHRING zur Bestimmung weiterleitete, wodurch eine intensive Erforschung des Interglazials von Klinge begann (vgl. STRIEGLER 2007). Unter den Knochen befand sich auch die Geweihschaufel eines Riesenhirschs, den NEHRING neu beschrieb und zu Ehren von RUFF Megaloceros Ruffi (heute gültiger Name: Megaloceros giganteus) nannte.

Paul KRUSCHE (19.9.1860 bis 31.7.1937) war seit 1886 an der IV. Gemeindeschule in der Dresdener Straße in Cottbus Konrektor und betreute die seit Oktober 1887 als „Provinzialmuseum“ im Souterrain der Schule untergebrachte Sammlung der Niederlausitzer Gesellschaft. Später wurde KRUSCHE, der vor allem ornithologisch sehr aktiv tätig war, zum Pfleger der Naturwissenschaftlichen Sammlung des Vereins für Heimatkunde bestimmt, zu der 1915 eine „kleine Sammlung von Versteinerungen und Mineralien“ gehörte (PÄTZOLD 1930).

Das Museum der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde war von 1891 bis 1904 in der neuen Realschule in Cottbus, Bahnhofstraße 11, untergebracht. Da es hier aber sehr eng zu ging, stellte Vereinsmitglied Tischlermeister Friedrich ADAM, der sich aus Altersgründen in den Ruhestand zurückzog, seine Werkstatträume in der Hubertstraße 1 zur Verfügung, wo nun das Niederlausitzer Museum für Altertumskunde eingerichtet wurde. 1905 wurde die Ausstellung noch durch die Sammlung des Vereins für Heimatkunde ergänzt. Die Benennung dieses Museums nach Rudolf VIRCHOW, der am 5. September 1902 gestorben war, lehnte die konservative Stadtspitze aus politischen Gründen ab.

1908 wurden im städtischen Gebäude Sandower Straße 22 (Abb. 7) erstmals Vereinssammlungen (Niederlausitzer Gesellschaft und Verein für Heimatkunde) und städtische Sammlung, die fast ausschließlich vorgeschichtliches Material enthielt, das der regen Bautätigkeit in der Stadt resultierte, zusammengefasst.

Abb. 7: In diesem Gebäude Sandower Str. 22 wurden 1908 erstmals alle Vereinssammlungen und die Städtische Sammlung unter einem Dach vereint.
Abb. 7: In diesem Gebäude Sandower Str. 22 wurden 1908 erstmals alle Vereinssammlungen und die Städtische Sammlung unter einem Dach vereint.

Hier soll aber nur das Schicksal der naturwissenschaftlichen Sammlungen des Vereins für Heimatkunde weiterverfolgt werden. Stadt und Niederlausitzer Gesellschaft dürften abgesehen von eiszeitlichen Säugetier-Knochenfunden keine naturkundlichen Objekte gesammelt haben. Der Autor folgt hierbei in den Grundzügen der Fachschularbeit von Irene GÄRTNER (1985).

Doch schon 1913 zog der Verein für Heimatkunde wegen Unstimmigkeiten mit den Vertretern der Niederlausitzer Gesellschaft seine Sammlung zurück und brachte sie in der Knaben-Mittelschule Sandower Straße 19 (Abb. 8) unter. 1920 folgte auch die Stadt diesem Beispiel und richtete mit ihrer Ur- und Frühgeschichtssammlung in der Sandower Straße 23 ein Städtisches Altertumsmuseum ein.

Nachdem der Cottbuser Kaufmann Friedrich A. LIERSCH 1923 laut Testament seine Villa am Neumarkt 8 an die Stadt Cottbus mit der Maßgabe vererbte, dass hier das Museum untergebracht werden soll, war endlich die Grundlage für ein gemeinsames Städtisches Museum geschaffen. Schon 1923 zogen hier die städtischen Sammlungen (Vorgeschichte, Gemäldesammlung) ein, weil das Gebäude Sandower Straße 23 verkauft wurde.

1924 konnte die Sammlung der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde folgen und 1925 schließlich auch die Sammlungen des Vereins für Heimatkunde, darunter die inzwischen stattlich angewachsene naturwissenschaftliche Sammlung. Gleichzeitig kam das Museum unter eine einheitliche städtische Verwaltung, wobei die Eigentumsrechte der Sammlungen erhalten blieben.

Am 6. Dezember 1925 eröffnete das Städtische Museum mit 17 Schauräumen (Abb. 10 bis 13). Ehrenamtlicher Leiter wurde der Mittelschullehrer und Stadtarchivar Fritz SCHMIDT (19.4.1861 – 19.7.1930; Abb. 9). Ab März 1929 konnten dann alle 30 Räume des Museums genutzt werden, nachdem noch eine Finanzbehörde ausgezogen ist. Die Ausstellungen konnten neu geordnet werden. Mindestens zwei Räume waren der Naturkunde-Ausstellung vorbehalten. So erlangte das neue Museum in der Bevölkerung eine große Popularität. Deshalb mutet es wie ein schlechter Scherz an, dass das Städtische Museum, dessen ehrenamtliche Leitung inzwischen nach dem Tod von Fritz SCHMIDT im April 1931 von Paul KRUSCHE übernommen worden war, 1935 innerhalb weniger Tage ausziehen musste, weil das Gebäude – keinesfalls im Sinne des Stifters – abgerissen werden sollte, um einem neu zu bauenden Verwaltungsgebäude Platz zu machen. Für die Sammlungen eines Museums sind solche Aktionen eine Katastrophe.

Beim Auszug aus dem Gebäude Neumarkt 8 wurden die Sammlungen unabhängig von ihren Eigentümern nach sachlichen Gesichtspunkten getrennt und zwei neu aufzubauenden Museen zugeordnet. Die vor- und frühgeschichtlichen Funde aus städtischem Eigentum und vor allem von der Niederlausitzer Gesellschaft, aber auch teilweise vom Verein für Heimatkunde, sowie die städtische Gemäldesammlung wurden im ehemaligen Gebäude der Freimaurer-Loge Lausitzer Straße 11 untergebracht. Dieses neue Niederlausitzische Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte wurde nach dem Umbau des Gebäudes am 20. November 1938 unter der ehrenamtlichen Leitung von Alfred PÄTZOLD (8.4.1872 – 2.3.1944) eröffnet. Ab 1942 übernahm Liebetraut ROTHERT als erste hauptamtliche Museumsmitarbeiterin die Leitung. In diesem Museum fand auch die Nachbildung der Riesenhirsch-Geweihstange aus Klinge ihren Platz. Lange wurde vermutet, dass es das Original sei, bis aus einer Publikation von KIRCHNER (1939) über Riesenhirsche in Deutschland klar wurde, dass sich das Original in der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin befand und dort verloren ging.

Die heimatkundliche Sammlung vor allem des Vereins für Heimatkunde einschließlich der naturwissenschaftlichen Sammlung wurde 1935 in das alte Gymnasiumsgebäude am Oberkirchplatz (Abb. 14) gebracht. Nach Neuordnung der Sammlungen und einer modernen Gestaltung der 18 Ausstellungsräume öffnete dieses Heimatmuseum, das von Gustav HERMANN (31.10.1897 – 15.1.1988; Abb. 15) geleitet wurde, am 21. März 1937 seine Pforten. Bis 1939 hatte es immerhin 7000 Besucher.

Abb. 14: Das alte Gymnasiumsgebäude öffnete 1937 als Heimatmuseum seine Pforten
Abb. 14: Das alte Gymnasiumsgebäude öffnete 1937 als Heimatmuseum seine Pforten

1944 begann die Auslagerung der Sammlungen beider Museen nach Müschen und Briesen. Durch Kriegseinwirkung brannte das Heimatmuseum 1945 mit dem nicht ausgelagerten Teil der Sammlungen, vor allem aus der Naturkunde, völlig aus und erlitt Totalschaden.

Sofort nach seiner Rückkehr aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1945 begann Gustav HERMANN die erhalten gebliebenen Reste des Museumsgutes zusammenzutragen und im Schloss Branitz ein Städtisches Museum einzurichten, wie es auf Vorschlag von Heinrich RAU eine Auflage der Provinzialregierung von Brandenburg vorsah. Am 30.Juli 1947 öffnete es mit einer ersten Ausstellung seine Türen.

Von den naturwissenschaftlichen Exponaten hat fast nichts den Krieg überdauert. Aus dem geologischen Bereich sind offenbar nur noch zwei Stücke erhalten geblieben: ein Mammutmolar, der beim Autobahnbau in den dreißiger Jahren bei Vetschau gefunden worden sein soll, und eine Papptafel mit fest gebundenen fossilen Seeigeln (Abb. 16), wahrscheinlich aus der Sammlung des Vereins für Heimatkunde.

Die ersten geologischen Objekte, die nach dem Krieg in die Sammlung des Museums eingingen, stammen von den Lehrern Georg UNGER, der Sedimentärgeschiebe aus der Kiesgrube Mattendorf gesammelt hatte, und Georg BUSCHNER, der 1959 seine kleine Lausitzsammlung an das Museum verkauft hat.

Ein neues Kapitel naturwissenschaftlicher Sammel- und Ausstellungstätigkeit wurde 1961 aufgeschlagen, als Siegfried NEUMANN, ab 1959 Direktor des Städtischen Museums, mit der Einstellung des Museologen und Biologen Wolf-Dieter HEYM (Abb. 17) die Voraussetzung schuf, dass im Marstall (Abb. 18) des Schlosskomplexes eine Abteilung Naturkunde entstehen und damit auch das Gesamtmuseum sich als neues Bezirksmuseum des Bezirkes Cottbus etablieren konnte. Es fungierte fortan als Fachzentrum für die anderen Museen des Bezirkes. Wolf-Dieter HEYM hat für seine geplante ständige Ausstellung zur Natur des Bezirkes Cottbus sowohl biologisch als auch geologisch gesammelt. Seine geologische Sammeltätigkeit, die sich auf tertiäre Früchte aus der bekannten Fundstelle Wiesa bei Kamenz, fossile Blätter aus dem Liegendton des 1.Lausitzer Flözes aus dem Tagebau Klettwitz und auf fossile Pflanzen aus dem Tagebau Schlabendorf Nord konzentrierte, diente dem Aufbau einer ständigen Ausstellung zu Entstehung, Abbau und Verwertung der Lausitzer Braunkohle, die bereits am 16. Juni 1963 eröffnet werden konnte (Abb. 19). Bei den tertiären Pflanzen fand er Unterstützung bei Dr. H. JÄHNICHEN von der Ingenieurschule Senftenberg. Der damalige Leiter der Bezirksstelle für Geologie Werner NOWEL unterstützte ihn beim Beschaffen von determinierten eiszeitlichen Geschieben und fossilen Flussgeröllen von Elbe und Neiße (HEYM 1978).

Nach der Eröffnung eines Fachbereiches Geologie 1974 im Bezirksmuseum Cottbus mit den Geologen Ursula und Rolf STRIEGLER, der neben der Vorbereitung eines in Cottbus geplanten Kohle-Energie-Museums die Sammlung geologischer Dokumente aus dem Bezirk Cottbus zur Aufgabe hatte, bildeten die riesigen Tagebauaufschlüsse der Niederlausitz das wichtigste Sammelgebiet. Beginnend mit einem Gesamtbestand von ca. 500 Exponaten erbrachten vor allem drei systematische Grabungen – die Grabungen Wischgrund (Miozän), Schönfeld und Klinge (beide Eem-Warmzeit) – eine Flut von aussagekräftigen, wissenschaftlich wertvollen geologischen Dokumenten, an deren Auswertung sich auch Wissenschaftler aus anderen Institutionen, wie etwa dem Berliner Naturkundemuseum, dem Zentralen Geologischen Institut Berlin oder der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, und sogar aus dem Ausland beteiligten (STRIEGLER 1991 und 2007, STRIEGLER & ZACHOW 2004). Neben den Grabungen waren auch attraktive sporadische Funde immer willkommen, wie etwa der von der Sprengbrigade des Tagebaus Jänschwalde entdeckte Oberarmknochen eines Mammuts (Abb. 20) oder der große Bernstein (Abb. 23-8), den der Raupenfahrer J. WEINGART im Tagebau Schlabendorf-Süd gefunden hat. Ausgesprochen wertvoll waren auch die zahlreichen Bohrproben und Tagebaufunde, die von einigen Geologen der geologischen Industrie, wie etwa K. GRUNERT, R. BÖNISCH, R. KÜHNER, D. WINKLER, sehr bereitwillig der Museumssammlung überlassen wurden. Besonders erwähnenswert Ist hier Dr. W. Schneider, der einen Teil seiner paläobotanischen und Kohlesammlung, die als Grundlage seiner Publikationen diente, dem Museum zur Verfügung gestellt hat.

Da beim Sammeln durch die Mitarbeiter des Museums, vor allem bei den erwähnten systematischen Grabungen, alle Fundumstände genau dokumentiert wurden, geben diese geologischen Funde sehr detaillierte Einblicke in erdgeschichtliche Prozesse, so dass nebenbei auch international beachtete Forschungsergebnisse erzielt wurden, die unter anderem in der vom Museum und dem Naturwissenschaftlichen Verein der Niederlausitz herausgegebenen Zeitschrift „Natur und Landschaft in der Niederlausitz“ publiziert wurden. Als der Internationale Quartärkongress (INQUA) 1995 in Berlin tagte, besichtigten Wissenschaftler aus allen Kontinenten die beiden Eem-Grabungen in Schönfeld und Klinge.

Die paläobotanischen Funde aus der Grabung Wischgrund dienten als Grundlage für die Rekonstruktion eines tertiären Urwaldes anhand heute lebender verwandter Gehölzarten, wie er vor 10 Millionen Jahren im Lausitzer Niederungsgebiet der Ur-Elbe existiert haben mag. Diese Anlage, 1995 als „Tertiärwald“ in die Bundesgartenschau in Cottbus integriert, wurde eine der Attraktionen dieser Schau.

Neben den regionalen Belegen wurden im Museum auch thematische Sammlungen zu Mineralogie, Gesteinskunde und zur Entwicklung der Organismen (Fossilien) aufgebaut, die für eine breite Bildungsarbeit gebraucht wurden (vgl. STRIEGLER 1979). Zu diesem Zweck hat das Museum auch komplette Sammlungen von privaten Sammlern erworben. So bewahrt das Museum der Natur und Umwelt seit 1987 die geologische Sammlung des Cottbuser Heimatforschers, Bergingenieurs, Hobby-Mineralogen, Hobby-Botanikers und Bezirks apothekers Dr. Kurt ELZE (1900 bis 1990) auf (vgl. HÖLZEL 2001). Die Sammlung, deren Grundstock schon sein Vater Albin ELZE legte, umfasst etwa 4250 Exponate, neben einzelnen Fossilien und zahlreichen Gesteinsproben auch eine interessante Mineralsammlung mit vielen Schaustücken, die oft bei der Zusammenstellung von Mineral-Ausstellungen herangezogen wurden.

Neben der ELZE-Sammlung bewahrt das Museum auch die Mineraliensammlungen der Cottbuser Sammler Carl HADRICH und Erich RÖMING auf, ferner Fossilsammlungen der Dresdner Sammler Ernst REICH und Karl STILBACH.

Privatsammlungen sind oft der Grundstock von Museumssammlungen. Privatsammlungen sind meist unter großen finanziellen Opfern und durch weitreichende persönliche Initiativen zusammengetragen worden mit einem Aufwand, den sich Museen meist gar nicht leisten können. Deshalb sollten Museen immer für solche Sammlungen offen sein. Dadurch wird außerdem erreicht, dass Kulturgut der Öffentlichkeit und der wissenschaftlichen Forschung zugänglich wird. Fast einmalig in der Museumsgeschichte ist die Zurückweisung von wertvollen privaten Schenkungen, wie 2001 durch das Kulturamt in Cottbus geschehen. Die Fragwürdigkeit dieser Entscheidung wird deutlich, wenn man weiß, dass dem Museum eine wertvolle Kupferschiefersammlung überlassen werden sollte, zumal in den nächsten Jahren der Kupferschiefer als wertvolles Kupfererz im Raum Spremberg abgebaut werden soll.

Die von der Cottbuser Kulturverwaltung dem Naturmuseum verordnete Perspektivlosigkeit verhinderte letztlich auch die aktive Beteiligung der Fachgruppe Geologie (HAMANN 1996) an der Sammeltätigkeit für den Fachbereich Geologie des Museums. Denn die Fachgruppe Geologie / Mineralogie, die 1976 von Geologie-Interessierten unter Leitung von Dr. K. ELZE gegründet wurde, hatte sich 1991 geschlossen dem im Jahr vorher als Förderverein des Museums gegründeten Naturwissenschaftlichen Verein der Niederlausitz e.V. (NVN) angeschlossen, um die damalige Abt. Natur und Umwelt sichern zu helfen und zu unterstützen. In der Fachgruppe haben sich sehr engagierte aktive Mineraliensammler mit teilweise sehr respektablen Sammlungen organisiert, die auch alle Sammelmöglichkeiten der Niederlausitz nutzen.

Aber die weit gespannte sehr aktive Arbeit des Vereins für das Museum konnte nicht die Blockade durch den Träger des Museums überwinden, die so weit führte, dass dem Fachbereich Geologie schließlich 1999 das Sammeln durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung gänzlich verboten wurde, nachdem eine Schließung des Fachbereichs vorerst nicht durchzusetzen war.

Ursprünglich verlief die geologische Sammeltätigkeit sehr positiv. Mit der Schaffung des Fachbereichs 1974 gehörte Cottbus zu den Vorreitern im Museumswesen der DDR. Trotz personeller und finanzieller Zurücksetzung im Verhältnis zu historischen Fachrichtungen ging es bis 1990 vorwärts. Als das ursprüngliche Domizil, der Marstall, für die Unterbringung der geologischen Funde zu klein wurde, baute man im benachbarten Kavalierhaus einen Magazinraum mit Arbeitsräumen aus, während die Ausstellung im Marstall blieb. Als dort nach der politischen Wende 1990 mit Rekonstruktionsarbeiten begonnen wurde, musste die Naturkundeabteilung in ein Übergangsquartier im Stadtzentrum, das ehem. Evangelische Gemeindezentrum in der Bahnhofstraße 5 (Abb. 21), umziehen, wo sie auch gern weiter geblieben wäre, wenn die nötigsten Instandsetzungsarbeiten (das Dach war undicht) realisiert worden wären. Zusätzlich wurden Finanzierung und (bescheidener) Personalbestand in Frage gestellt. Aktive Sammeltätigkeit im Gelände, die doch wegen der zahlreichen Tagebaue dringend nötig gewesen wäre, wurden kaum noch möglich, bestenfalls über ABM-Kräfte.

Als Rettungsmöglichkeit erschien ein zentrales Landesmuseum für Naturkunde mit institutioneller Förderung, das von Fachleuten in einer Studie, die vom Museumsverband Brandenburg in Auftrag gegeben worden war, empfohlen wurde. Die beiden letzten verbliebenen Naturmuseen in Brandenburg, nämlich Potsdam und Cottbus, sollten sich zu diesem Landesmuseum zusammenschließen. Cottbus sollte dabei vor allem den geologischen Bereich repräsentieren, da hier in den zeitweise bis zu 15 gleichzeitig arbeitenden Niederlausitzer Braunkohlentagebauen seit langem intensiv geologisch gesammelt wurde. Vorübergehend kam sogar Optimismus auf, als die Abteilung Natur und Umwelt 1996 vom Niederlausitzer Landesmuseum, wie sich das Bezirksmuseum nach der Wende nannte, abgetrennt und zum unabhängigen Museum der Natur und Umwelt ernannt wurde und am Amtsteich 17/18 ein eigenes Gebäude bekam (Abb. 22).

Doch der Optimismus verflog schnell. Denn weder die Stadtverwaltung noch das betreffende Ministerium für Forschung, Wissenschaft und Kultur, von dem anfangs wenigstens noch ab und zu Projektmittel flossen, hatten den politischen Willen, das Cottbuser Naturmuseum zu erhalten. Allerdings scheint auch nie ein Antrag auf Förderung dieses Museums beim Ministerium eingegangen zu sein.

Wegen brandschutztechnischer Mängel, die bereits bei Einzug in das Gebäude bekannt waren, bot sich die Chance, Ende Januar 2005 die Ausstellung des Cottbuser Naturmuseums zu schließen. Die ebenfalls im Gebäude untergebrachte Abt. Biologie musste ausziehen. Dieses Schicksal blieb der Abt. Geologie auch nicht erspart. Aus den für sie ausgebauten Räumen im Kavalierhaus Branitz musste sie ebenso aus Brandschutzgründen, die nach Auszug des Museums aber bald beseitigt wurden, in eine ungünstige Halle mit schlechten Arbeitsbedingungen umziehen.

Durch einen vermeintlichen Zusammenschluss mit dem Cottbuser Stadtmuseum verlor das Museum der Natur und Umwelt jegliche Öffentlichkeitswirksamkeit. Die Streichung der 1,75 Wissenschaftlerstellen, die aus Altersgründen des Autors und seiner Frau frei wurden, wird in Zukunft wissenschaftliche Museumsarbeit unmöglich machen, obwohl das Cottbuser Museum früher durch seine gute Arbeit national und teilweise auch international Anklang gefunden hat. Aber offenbar hält es die Stadt für ihr Image für zu unbedeutend, dass das Museum für würdig befunden war, in die Museen mit den schönsten paläontologischen Exponaten Deutschlands (vgl. JANSEN, KÖNIGSHOF & STEININGER 2002) eingereiht zu werden. Es wird zwar öffentlich beklagt, dass die Brandenburger Schüler dringend mehr naturwissenschaftliche Bildung brauchen. Schließlich ist Fortschritt in der Menschheitsentwicklung ohne naturwissenschaftliche Kenntnisse und Erkenntnisse nicht denkbar. Dass ein florierendes Naturmuseum einen wichtigen Beitrag leisten könnte, dies zu ändern, wird ignoriert, und dass es im Zentrum des Lausitzer Braunkohlebergbaus viele Menschen gibt, die sich zu geologischen Fragen ihrer Heimat informieren möchten, ist ebenso wenig von Interesse.

Für die Öffentlichkeit zugänglich ist gegenwärtig nur noch die Findlingssammlung des Museums in Form der Findlingsallee im Spreeauenpark Cottbus, die aus 77 von K. GRUNERT determinierten Findlingen, meist Leitgeschieben, besteht (GRUNERT 1995). Im benachbarten Tertiärwald, der als Außenanlage des Museums auf der Grundlage von fossilen Pflanzenfunden geschaffen wurde, ist außerdem das größte und mit 22 t schwerste Museumsexponat zu sehen, der 3,20 m Stammdurchmesser aufweisende Stubben eines Mammutbaums aus dem 1. Lausitzer Flöz des Tagebaus Klettwitz, der 1982 mit Unterstützung durch den Bergbau geborgen und 1994 von seinem ursprünglichen Standort im Branitzer Park in das im Entstehen begriffene Gelände der Bundesgartenschau Cottbus umgesetzt wurde. Das Lebensalter des Baumes beträgt anhand der Jahresringe etwa 1200 Jahre.

Abb. 23: Überblick über die wichtigsten Fund-Gruppen in der Niederlausitz (nicht im gleichen Maßstab) 1 - tertiäre Blätter (Amberbaum); 2 - tertiäre Zapfen (Kiefer); 3 - tertiäre Früchte (Eomastixia); 4 - quartäre Früchte (Meer-Nixkraut); 5 - quartäre Blätter (Pappel); 6 - Sedimentärgeschiebe mit Fossilien (Trilobit und Orthoceras); 7 - Kristallingeschiebe (Schriftgranit); 8 - Bernstein; 9 - Knochenfunde von eiszeitlichen Tieren (Mammut); 10 - fossiles Flussgeröll: Achat; 11 - fossiles Flussgeröll: Moldavit (Meteoriteneinschlag); 12 - fossiles Flussgeröll: verkieseltes Holz mit Struktur (aus dem Perm); 13 - Seeser Geröllgemeinschaft (verkieselter Korallenstock); 14 - fossile Knochenfunde von warmzeitlichen Tieren (Panzerteil der Sumpfschildkröte) (Fotos: I. ZACHOW: 1-4, 8-10, 12,13; R. STRIEGLER: 5-7, 11, 14)
Abb. 23: Überblick über die wichtigsten Fund-Gruppen in der Niederlausitz (nicht im gleichen Maßstab) 1 – tertiäre Blätter (Amberbaum); 2 – tertiäre Zapfen (Kiefer); 3 – tertiäre Früchte (Eomastixia); 4 – quartäre Früchte (Meer-Nixkraut); 5 – quartäre Blätter (Pappel); 6 – Sedimentärgeschiebe mit Fossilien (Trilobit und Orthoceras); 7 – Kristallingeschiebe (Schriftgranit); 8 – Bernstein; 9 – Knochenfunde von eiszeitlichen Tieren (Mammut); 10 – fossiles Flussgeröll: Achat; 11 – fossiles Flussgeröll: Moldavit (Meteoriteneinschlag); 12 – fossiles Flussgeröll: verkieseltes Holz mit Struktur (aus dem Perm); 13 – Seeser Geröllgemeinschaft (verkieselter Korallenstock); 14 – fossile Knochenfunde von warmzeitlichen Tieren (Panzerteil der Sumpfschildkröte) (Fotos: I. ZACHOW: 1-4, 8-10, 12,13; R. STRIEGLER: 5-7, 11, 14)

Der Naturwissenschaftliche Verein Ist nie befragt worden, ob er zu einem Museum mit Perspektive beitragen kann und will. Er führt deshalb seit 2004 in Eigenverantwortung eine kleine naturkundliche Ausstellung weiter, die sich dem aus Brandenburg stammenden Australienforscher Ludwig LEICHHARDT (1813-1848), einem exzellenten Allround-Naturforscher, widmet. Im Leichhardt-Kabinett im Cottbuser Ludwig-Leichhardt-Gymnasium wird u.a. anhand geologischer und biologischer Exponate über seinen Lebensweg und die Natur Australiens informiert. Deshalb wurde im Fundus des Naturmuseums eine kleine Sammlung mit geologischen Exponaten zu seinem Wirken in Europa und Australien angelegt.

Beim Ausscheiden des Autors und seiner Frau Ursula STRIEGLER aus dem Cottbuser Naturmuseums 2008 bzw. 2009 umfasste die geologische Sammlung etwa 55.000 Exponate aus aller Welt. Besonderer Wert wurde aber immer auf den Zuwachs geologischer Belege aus der Niederlausitz (vgl. STRIEGLER 1981, 1984, 1991/92) gelegt, so dass der Niederlausitz-Anteil etwa drei Fünftel der Exponate umfasst (Abb. 24). Ein Gesamtüberblick (Abb. 23) über die Sammlung wurde anlässlich des 25jährigen Jubiläums des Fachbereichs Geologie (STRIEGLER 2000) sowie in der Zusammenstellung geowissenschaftlicher Sammlungen in Berlin und Brandenburg (STRIEGLER 2002 in SCHROEDER & HEINKE) vermittelt. Aus letzterer ist ersichtlich, dass die Cottbuser geologische Sammlung die bedeutendste geowissenschaftliche Museumssammlung von Brandenburg ist. Für Iris ZACHOW, die letzte Mitarbeiterin des Fachbereichs Geologie, ist es nun eine verantwortungsvolle Aufgabe, die geologische Sammlung weiter zu betreuen und ihre wissenschaftliche Bearbeitung zu organisieren.

Die heutigen Verantwortlichen und Politiker werden sich von nachfolgenden Generationen nachsagen lassen müssen, dass sie das große Potential zu wissenschaftlicher Erkenntnis zur Erdgeschichte der Niederlausitz, das sich auch heute noch durch den Braunkohlenbergbau bietet, leichtfertig ignoriert haben, denn das Cottbuser Naturmuseum war die einzige Institution, die systematisch und kontinuierlich im Niederlausitzer Braunkohlenrevier geologisch gesammelt hat.

Dank

Der Autor dankt dem Leiter des Stadtmuseums Steffen KRESTIN für einige Bilder aus dem Archiv des Stadtmuseums zur Museumsgeschichte und Frau Dora LIERSCH für die kritische Durchsicht des Manuskripts.

ROLF STRIEGLER

 

Literatur

ARETZ, Gertrude (Hrsg.; 1927): Memoiren der Gräfin KIELMANNSEGGE über NAPOLEON I. – P. Aretz Verlag
Dresden.

GÄRTNER, Irene (1985): 100 Jahre Museen in Cottbus. – unveröff. Fachschulabschlussarbeit d. Fachschule
für Museologen Leipzig.

GRUNERT, K. (1995): Findlingsallee des Museums der Natur und Umwelt Cottbus. – Niederlausitzer
Erdgeschichte 5, 12-seitiges Faltblatt, hrsg. Naturwiss. Verein Niederlausitz, Cottbus.

HAMANN, Klaus (1996): Geschichte der Fachgruppe Geologie/Mineralogie. – Natur und Landschaft in der
Niederlausitz 17, S. 34-36, Cottbus.

HEYM, Wolf-Dieter (1978): Zur Geschichte der naturwissenschaftlichen Abteilung des Bezirksmuseums Cottbus. – Natur und Landschaft im Bezirk Cottbus 1, S. 25-30, Cottbus.

HÖLZEL, I. (2001): Dr. Kurt ELZE (1900-1990) und seine geologisch-mineralogische Sammlung. – Natur und

Landschaft in der Niederlausitz 21, S. 62-81, Cottbus.

JANSEN, U.; KÖNIGSHOF, P. & STEININGER F. (Hrsg., 2002): Zeugen der Erdgeschichte – Ein Reiseführer zu den
schönsten Fossilien in deutschen Naturkundemuseen. – darin: STRIEGLER, R.: Museum der Natur und Umwelt Cottbus, S. 38-39, mit 4 Fotos von Iris STRIEGLER; Senckenberg-Buch Nr. 75, Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung Stuttgart.

KIRCHNER, H. (1939): Riesenhirsch-Geweihe aus dem Diluvium Norddeutschlands und ihre Bedeutung für
das Verständnis der Geweihgestaltung. – Jahrb. preuß. GLA für 1938, 59, S. 100-131, Berlin.

KRÖNERT, H.-H. (2008): Cottbuser Heimatlexikon. Entwurf. – digital, unveröff.

PÄTZOLD, A. (1930): Konrektor KRUSCHE in Cottbus heute 70 Jahre alt. – Cottbuser Anzeiger vom 19.9.1930

PETZOLD, Heinz (2004): „Eine außerordentliche Schenkung“ und ihr trauriges Ende. Ehemalige Schüler des
Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums übergeben der Schule ihre naturwissenschaftliche Sammlung. – Lausitzer Rundschau y. 9.3.2004

STRIEGLER, R. & U. STRIEGLER (1979): Die geologische Sammlung des Bezirksmuseums Cottbus. – Natur und
Landschaft im Bezirk Cottbus 2, 5. 45-52, Cottbus.

STRIEGLER, U. & R. STRIEGLER (1981): Die paläobotanische Sammeltätigkeit des Bezirksmuseums Cottbus auf
der Klettwitzer Hochfläche. – Natur und Landschaft im Bezirk Cottbus 3, S. 72-84, Cottbus.

STRIEGLER, R. & U. STRIEGLER (1984): Zugänge zur geologischen Sammlung des Bezirksmuseums Cottbus
1978 bis 1983. – Natur und Landschaft im Bezirk Cottbus 6, 5. 60-68, Cottbus.

STRIEGLER, R. (1991): Die Erforschung des Eem-Vorkommens von Schönfeld. – Natur und Landschaft in der
Niederlausitz, Sonderheft Eem I, S. 7-18, Cottbus.

STRIEGLER, R. (1991/92): Zugänge zur geologischen Sammlung des Niederlausitzer Museums der Natur und Umwelt in den Jahren 1984 bis 1991. – Natur und Landschaft i. d. Niederl. 13, S. 100-118, Cottbus.

STRIEGLER, R. & U. STRIEGLER (2000): 25 Jahre Fachbereich Geologie im Cottbuser Museum. – Natur und
Landschaft in der Niederlausitz 20, S. 118-131, Cottbus.

STRIEGLER, U. & R. STRIEGLER (2002): 1.4.4. Cottbus – Museum der Natur und Umwelt, Abteilung Geologie.
– in: Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg, Nr. 8: Geowissenschaftliche Sammlungen in Berlin und Brandenburg, 5. 28-35, Berlin.

STRIEGLER, U., R. STRIEGLER & I. ZACHOW (2004): Die Klettwitzer Hochfläche als geologisches Forschungsobjekt im Bezirksmuseum Cottbus. – Cottbuser Blätter, Sonderausgabe 2004, 5. 79-87, Regia Verlag
Cottbus.

STRIEGLER, R. (2007): Die Erforschung der Eem-Vorkommen von Klinge. – Natur und Landschaft in der Niederlausitz 24, 5. 53-106, Cottbus.

WEBER, Eduard (1906): Die mineralogische Sammlung des Königl. Friedrich-Wilhelms-Gymnasium zu Kottbus. – Verlag Albert Heine Kottbus.

WILSDORF, Oscar (1889): Gräfin Charlotte y. KIELMANNSEGGE. Ein Lebensbild aus der Zeit der Romantik. – Verlag Heinrich Minden in Dresden und Leipzig.

Der Beitrag erschien in der Natur und Landschaft in der Niederlausitz Heft 29.

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Zur Geschichte geologischer Sammlungen in Cottbus